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Offenburger Tageblatt am 28. 4. 08
Tiefgründiges und augenzwinkerndes Musikerlebnis
Kiko Pedrozos und Hansi Zellers Weltmusik / Kabarettistische Qualitäten
Der Harfenspieler Kiko Pedrozo aus Paraguay und der Akkordeonspieler Hansi Zeller aus dem Allgäu begeisterten ein großes Publikum mit ihrer bayrisch-südamerikanischen Musikmischung. Es war ein perfektes Musikprogramm mit kabarettistischen Qualitäten. Von Andreas Buchta
Wolfach . Erst einmal trat er mit halbstündiger Verspätung auf, dazu noch allein, und redete auf das Publikum ein, dass er sich freue und dass er unendlich Zeit habe. Kiko Pedrozo aus Paraguay. Will er wohl den ganzen Abend schwätzen? Gerade wollte sich der eine oder andere ärgern, als klar wurde: Das ist Teil des Programms, das auch neben der unglaublichen Musik kabarettistische Qualitäten aufwies.
Und dann die ersten Töne auf diesem wunderbaren, viel zu selten gehörten Instrument, der Harfe. Um das brasilianische Liebesepos „Orfeo Negro“ herum improvisierte der paraguayische Harfenspieler, gefühlvoll und zum Weinen schön. Und das mit einer Sicherheit und Fingerfertigkeit, die einen nur noch staunen ließ. Wie er dabei Töne andeutete und modulierte, das war hohe Kunst. „Ich war so was von nervös, haben Sies bemerkt?“, sagte er und glaubt es wohl selbst nicht, dieser großartige Musiker, der sonst in Sälen vor Tausenden spielt. Auch das ein Teil der kabarettistische Attitüde.
Und dann trat endlich Hansi Zeller auf, der urbayrische Akkordeonspieler und Tangospezialist aus dem Allgäu: „Ein herzliches Grüßgott“. Ein Tango war auch das erste gemeinsame Stück, „El Choclo“, eine ebenso mutige wie abenteuerliche Mischung aus Südamerika und Schuhplattler-Elementen. Dieser Mut zur Vermischung unterschiedlichster Musikkulturen auf virtuosem Niveau durchzog fortan das ganze Programm: Ein tiefgründiges und zugleich augenzwinkerndes Musikerlebnis. Auf einem Instrument aus Kikos Heimat, der blauen E-Harfe, folgte der mit dem sehr französisch klingenden „Valse pour le moment“ und die von Kiko selbst komponierte, ausdrucksstarke Beschreibung der spanischen „Almeria“. Von dem leidenschaftlichen Koch stammte auch das lustige „Schokofondue“.
Was dann folgte, war an Schönheit kaum zu überbieten: Eine Soloimprovisation auf der Harfe. Mal weich und lyrisch, mal Staccati in fliegendem Wechsel, ein sechsminütiges musikalisches Kunstwerk. Den riesigen Applaus nahm Kiko mit fast kindlicher Freude entgegen. Und dann der musik-kabarettistische Höhepunkt, die perfekte Mischung aus bayrischer und südamerika-nischer Musik, aus Tango und Schuhplattler: „Strandhütt’n Boarischer“. Kikos bayrische Jauchzer, sein atemberaubendes Spiel mit seiner Hochgeschwindigkeits-Harfe und Hansis zwischen bayrisch und latino pendelndes Akkordeon, bei dem auch die Kuhglocke nicht fehlen durfte – das war Mut beim Griff in die Klamottenkiste bei großartigem musikalischem Können. „Caminando“, bei dem das Akkordeon hart rhythmisch zur Sache ging und die Harfe in ihren südamerikanischen Tönen jubilierte, folgte ein beachtliches Solo von Hansi Zeller: „Valse amoureux“. Gekonnt auch das „Rondo Ravensburg“ ihres großen Mentors Franz Benton, ein verträumtes, heiteres, fast klassisch klingendes Stückchen, bei dem die Spielfreude der beiden so richtig durchschien. „Canto sudamericano“ sagte Kiko an und fing an zu singen, sehnsuchtsvoll und traurig, begleitet von einem schwermütigen Akkordeon – ein musikalisches Meisterstück. Nach so viel Gefühl folgte der Humor auf dem Fuße: Das
lautmalerische „Lucky Heuschreck“. Die Begeisterung des Publikum war kaum mehr zu bändigen und die beiden Künstler durften erst nach drei Zugaben von der Bühne: Einem anrührenden argentinischen Schlaflied, noch mal dem Tango „El Choclo“ (diesmal noch schöner) und einem Lied aus Paraguay in Indio-Sprache.
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